Die schöne Helena
»Mit Fantasie und Hingabe
inszeniert« Thüringer Allgemeine Zeitung
»Sehr schöne Helena!« NNZ
»Frech, frivol, witzig & topaktuell« Allgemeiner Anzeiger
Die spinnen, die Griechen
»Der Großaugur bescheißt die Helden der Mythologie, die Könige sind fette Versager, die Helden sind untauglich zu allem, besonders zu Intelligenztests. Das Wort Moral kennen nicht mal mehr die Götter, geschweige denn die Sterblichen. Da kann man nur sagen: armes Griechenland. Aber auch: glückliches Nordhausen, das mit Jacques Offenbachs Operette Die schöne Helena unter Kay Links Regie eine gute, zündende Komödie auf die Bühne gestellt bekommen hat. Im Ganzen ist dies eine 'Helena', wie sie sein soll – und wie sie, will man dem Spaßvogel Offenbach gerecht werden, sein muß: frisch, unfromm, sehr fröhlich, in frecher Neuübersetzung und voller reizvoller Anspielungen auf Zustände, die es zum Glück nur vor tausenden von Jahren im fernen Sparta gab. Heute? Bei uns? Ach was. Regisseur Link spießt auf, was ihm an unseren modernen griechischen Zuständen offensichtlich schon lange auf die Nerven geht, und läßt es auf dem Gyrosgrill genüßlich rotieren.
Kalchas (Robert McLoud), Großaugur des Jupiter, ist bei ihm zugleich Beautysalon-Chef und als Hohepriester des Körperkultes oberster Volksverdummer. Während das Volk sich mit Gurkenmasken entstellen und gymnastisch verbiegen läßt, macht Kalchas oberkrumme Geschäfte und läßt das Orakel auf Knopfdruck donnern. Daß der schwule Augur von Kostümbildner Rüdiger Reichelt ausgerechnet auf Rudolph Moshammer getrimmt wurde, war vermutlich ein Fall für den Ethikrat des Theaters Nordhausen. Sei´s drum. Mit Fantasie und Hingabe inszenierte die Regie den Geisteswettstreit der Herren Helden beim Adonis-Fest. Vorbilder für miese Quiz-Shows gibt es genug – das "Sparta-Kwiz" mit den unfähigen Kandidaten Achill (Matthias Heubusch), Ajax I und Ajax II (Christian Schossig und Daniel Shay) und dem Lösungswort "Lockomotiefe" war nicht dämlicher als moderne Bildschirm-Varianten. Bühnenbildnerin Olga von Wahl steckte Achill und die Ajaxe in eine fahrbare Bütt, zusammen mit dem narrenkappentragenden König Menelaos (Jürgen-Dietmar Kühn) und seinem kreissägenbärtigen Bruder Agamemnon (Serge Novique). Für fast jedes andere Bühnenstück wäre das der Symbolik zu viel gewesen. Aber bei Offenbach darf man dicker als dick auftragen [...]
Es gibt eine, für die sich das fast dreistündige Hinsehen und Hinhören unbedingt lohnt: Brigitte Roth als Helena. Was sie aus dieser Rolle macht, ist, um beim Thema Mythologie zu bleiben, sagenhaft. Mit hochgetürmter Donnerfrisur gibt sie die verwöhnte, eitle, zwischen Lüsternheit und Sorge um den – ohnehin längst ruinierten – guten Ruf schwankende Halbwelt-Halbgöttin; herrlich, wie sie sich angesichts von Paris´ Erscheinen koloraturenreich in erotische Verzückung trällert ("Der mit dem Äpfelchen!"). Roth läßt die anderen Sänger deutlich hinter sich zurück, auch Anja Daniela Wagner, deren Orest frecher und viel kräftiger hätte klingen müssen, und selbst Rob Pitcher, der sich mit den Höhen der Paris-Arien manchmal mühen muß. Immerhin ist Helena und Paris aber eine überraschend zarte, verhaltene Beinahe-Liebesszene zwischen allen Stühlen – im Wortsinne – vergönnt, die auch gesanglich zu den Höhepunkten des Abends gehört; die pseudo-griechischen Übertitel, vom Kyrilliza-geübten Publikum sofort enttarnt, erhöhen den Reiz des tête-à-tête. [...]
Die schräge Schlußszene war dann aber noch mal ein Knaller: Helenas Entführung durch einen als tuntigen Rocky-Horror-Venuspriester verkleideten Paris mittels steiler Liebesrakete – so was kann nur noch durch die Griechen getoppt werden, die den Bausatz für ihr Holzpferdchen schon bei Nikea besorgt haben. Der große Schlußapplaus war wohlverdient.«
Thüringer Allgemeine Zeitung
Sehr schöne Helena
»Die Bühnenausstatterin Olga von Wahl ließ sich von einem der besprochenen griechischen Orte inspirieren und gestaltete das Bühnenbild spartanisch. Diesen wenig opulenten Eindruck machten die Kostüme von Rüdiger Reichelt wieder wett. Diese waren sehr witzig und offenbarten einen respektlosen Umgang mit dem literarischen Stoff. Den Großaugur Kalchas als „Moosi“ – die Götter haben ihn selig – darzustellen gefiel dem Publikum ebenso wie die Verkleidungen der großen Helden als gewollte Sportskanonen mit Hindernissen. Die Helena war natürlich dem Werktitel getreu bekleidet: schön. Und überhaupt, die Helena. Das Nordhäuser Publikum liebt und bewundert Brigitte Roth, weil sie mit ganzer Kraft singt und spielt. Am Freitag spielte sie aber nicht nur ihre Rolle, sondern sie spielte mit der Rolle und dem ganzen Ensemble, daß es eine wahre Freude war. Was die Dichter früher mit „zur Seite sprechen“ verlangten (ein kurzer erklärender Kontakt mit dem Publikum), das schafft die Roth über die ganze Inszenierung. Sie kommentiert ihre Rolle, illustriert ihre Kollegen und läßt uns mitunter erahnen, was sie von der rasanten Handlung hält. Großartig auch Robert McLoud. Der verwandlungsfähige Amerikaner brilliert als Kalchas und könnte sich als Doppelgänger des armen Mooshammer etwas dazuverdienen, wenn der noch leben würde. Aber auch alle anderen Solisten können ihrem Affen Zucker geben. Am schwersten hat es da noch Rob Pitcher, der „nur“ der Liebhaber und Prinz Paris ist. Der sympathische Sänger entledigt sich dieser Aufgabe jedoch mit viel Spielfreude und gesanglich bestens aufgelegt absolut souverän. […] Einer schießt wieder den sprichwörtlichen Vogel ab, daß die Federn nur so stieben. Jürgen Dietmar Kühn als gehörnter Ehemann und König von Sparta ist ein Erlebnis für sich.«
NNZ
Frech, frivol, witzig & topaktuell
»Die Operette spielt heiter mit den Erscheinungen in einer niedergehenden Gesellschaft, in der die alten Werte längst verstaubt sind. Längst huldigt man der Liebesgöttin Venus statt dem Göttervater Zeus! Anfangs zögert Helena noch, die Etikette mit Paris zu verletzen, doch schnell sind die Skrupel ausgeräumt. Kay Link inszeniert die Antike in der Gegenwart, zeigt Charaktere von heute: Gurus oder Päpste im Dienste eines modischen Kults, die ganze Palette von Schieberei und Korruption, den Generationenkonflikt und die Sehnsucht nach wahrer Liebe. Brigitte Roth verleiht der klassischen Verführerin Gestalt und gibt ihr die Stimme. Auf der Bühne wird sie zum Vamp und hält einer dekadenten Gesellschaft den Spiegel vor.«
Allgemeiner Anzeiger