Die Lage

Schauspiel von Thomas Melle

»Regisseur Kay link lässt sein Ensemble bis auf den Siedepunkt hochkochen... Langanhaltender Premierenapplaus« Kölner Stadtanzeiger

»Sehenswert!« choices

»Einfach perfekt« Rheinerlei

Es geht um die Finanzialisierung des Wohnungsmarktes, die Rendite, die exorbitant steigenden Mieten, den perversen Wettbewerb der Suchenden mit immer absurderen Absicherungen auf Seiten der Besitzenden und was das Ganze mit dem Individuum macht und was das für menschliche Beziehungen bedeutet. Wie in einer Versuchsanordnung schickt Thomas Melle uns durch die Welt der Wohnungsbesichtigungen, der aufgehübschten Interessent*innen, der zwischengeschalteten Makler*innen, der Gentrifikation, den Kosmos der Verlierer und Gewinner.
Zu letzteren gehören die großen Wohnungunternehmen, die institutionellen Investoren. Sie sind die Profiteure des Imobilienbooms, des vergangenen Jahrzehnts. Eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben, die sich durch geringe Besteuerung und Vererbung noch verstärkt. Melle deutet an, wohin eine Gesellschaft steuert, wenn sich durch sinkende Zinsen und steigende Mieten der Klassencharakter zu verfestigen droht...

 

»Es gibt drei Argumente:
Lage, Lage, Lage
Denn die Lage ist unveränderlich und von Dauer
Je besser die Lage, desto wertbeständiger das Objekt
Bausubstanz, Grundriss, Wohnfläche
Das kann alles verändert werden
Nur die Lage nicht
Die Lage ist ewig
Die Lage ist alles«

Wohnungsbesichtigung als Castingshow

Die zugespitzten Zustände auf dem überhitzten Immobilienmarkt lassen die Plätze an der Sonne aber rar und damit teuer werden. „Ein freier Markt bestimmt die Zwänge, Weigerung ist sympathisch, führt aber persönlich ins Nichts“, heißt es bei Thomas Melle im Stück.

Und so legen sich die Bewerber um „drei Zimmer, Küche, Bad“ mächtig ins Zeug, wenn es gilt, den Makler für sich zu gewinnen. Regisseur Kay link lässt sein Ensemble dabei zu Beginn in bester Boulevardkomödien-Tradition Paardynamiken bis auf den Siedepunkt hochkochen. Die zur Castingshow hochgepuschten Wohnungsbesichtigungstermine werden hier zum launig-komischen Stresstest für die Beziehungen. Da landet sogar der Pfennigabsatz eines Stöckelschuhs, den die Frau ausgezogen hat, um das Parkett zu schonen, im Auge des Partners.

Das gut aufgelegte Schauspieler-Quartett Anja Jazeschann, Mirjam Radovic, Michel Kopmann und Charles Riley meistert das Boulevard gekonnt, doch richtig Fahrt nehmen sie und mit ihnen das Stück auf, als beim Durchdeklinieren des Kräftemessens auf dem freien Wohnungsmarkt nuancierter auf die unterschiedlichen Akteure geschaut wird. Die Regie lässt dabei die Schauspieler kräftig in den Rollen rotieren. [...]

Beim Kampf der Jungen um einen WG-Platz steigert sich das Bewerbungsritual gar in den Seelenstriptease. Der Versuch, die Selbstachtung zu bewahren und sich vor allzu forschen Fragenstellern zu schützen, wirft einen gleich aus dem Rennen.

Aber wo sind diejenigen, die in dem sich immer schneller drehenden Karussell eines entfesselten Kapitalismus schon längst aus der Bahn geschleudert wurden? Die bleiben auch bei Thomas Melle Randfiguren, selbst wenn sich die Regie Mühe gibt, den in den Kabuff  abgeschobenen Geistermieter oder den obdachlos gewordenen Ex-Mieter Gesicht und Stimme zu geben.

Wer tiefer in die Thematik einsteigen möchte, der wird  [...] bei dem sehr sorgfältig ausgearbeiteten digitalen Programmheft fündig. [...] „Die Lage“ aber rührt vornehmlich an die Ängste einer Mittelschicht, die befürchtet, im Rennen um die Sonnenplätze  plötzlich im Schatten zu stehen. Dass Melle damit den richtigen Nerv getroffen hat, lässt sich auch am langanhaltenden Premieren-Applaus ablesen.

Kölner Stadt-Anzeiger

 

Kartographierung eines Nicht-Ortes

Mit dem Abgesang auf ethische Grundsätze verhöhnt das intensiv agierende Darstellerensemble um Michel Kopmann, Anja Jazeschann, Mirjam Radovic und Charles Ripley als antiker Chor eine Gesellschaft, die sich in ihrer bemühten Abgrenzung Mauern erschafft, hinter denen Lebensqualität zur kurzzeitigen Zwischenstation auf dem Weg zurück in die Höhlen verkommt. Im Wechsel zwischen Satire und Tragik pirscht sich während der 100-minütigen Aufführung ein Gefühl des Ausgeliefertseins an die Zuschauerränge.

„Die Lage“ beleuchtet mehr Netto-Quadratmeter-Fläche als die Metropole bietet. Lauter werdende Rufe nach Enteignung, die arrogante Lässigkeit einer selbstverliebten Oberschicht, städtische Interessensvertreter – schwankend zwischen sozialem Gewissen und Investoren-Geilheit – sowie das verzweifelte Aufbäumen gegen die drohende Obdachlosigkeit legen in dem sehenswerten Stück den Nährboden für kommende Kämpfe um urbanen Lebensraum.

choices

 

Hochbrisant

Mit 'Die Lage' nimmt sich das Freie Werkstatt Theater nach Corona eines hochbrisanten Themas an. In wechselnden Rollen liefern Anja Jazeschann, Mirjam Radovic, Michel Kopmann und Charles Ripley eine Folge von Szenen ab, die eigentlich wunderbar komisch und absurd anzusehen sind. Gleichzeitig bleibt dem Zuschauer aber das Lachen im Halse stecken, denn so realitätsfern ist das gar nicht. [...] Das Stück von Thomas Melle schafft es, aus einem wachsenden Problem geistreiche Unterhaltung zu machen.

Kölnische Rundschau

 

Einfach perfekt

„Die Miete ist die soziale Frage unserer Zeit“, heißt es im Stück. Doch liefert es keine Analyse, schon gar keine Lösung und bestenfalls subkutane Systemkritik. Auch wenn am Schluss zum Bau von Barrikaden aufgerufen wird, der Beton brennen soll: Das Stück ist kein Aufruf zum (Klassen-)Kampf. „Die Lage ist unverändert, ist ewig“, stellt das Schlusswort fest. Und damit ist diesmal nicht die Lage der Wohnung in einem begehrten gentrifizierten Veedel gemeint… 

An diesem Abend überwiegt der Galgenhumor, der belustigte Blick auf die Lage. Und der gelingt dank des spielfreudigen Bühnenquartetts Charles Ripley, Mirjam Radovic, Anja Jazeschann und Michel Kopmann. Unter der Regie von Kay Link liefert es eine abwechslungsreiche Show. Ein Perückenwechsel reicht, und schon ist die Person eine ganz andere. Mal demütig, mal arrogant, mal verquält, mal selbstkritisch, mal verlogen, mal vorsichtig mutig. Einfach perfekt.

Rheinerlei

 

Bravourös

Die zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler bewältigen die Textpartituren mit Bravour. Und trotz aller Ernsthaftigkeit, gibt es auch viele Lacher im Publikum. Denn Melle behandelt das Thema nicht nur trocken, politisch und mit geballter Faust, sondern auch mit viel Humor.

Studio Eck/Radio Köln

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