Die menschliche Stimme
»Eindrucksvolles Psychogramm.
Man spürt die Leere, die sie umgibt, so daß der Zuschauer zuweilen den Eindruck einer Illusion gewinnt und der Frage nachgeht, ob sich das Gespräch nicht allein in ihrem Inneren vollzieht.« Das Orchester
»Genialer Schluß« Hessischer Rundfunk
„Ob die tragische Heldin das flehentlich erhoffte Gespräch mit ihrem Exfreund tatsächlich führt, scheint in Kay Links Darmstädter Inszenierung ungewiß. Für die durch Alpträume gequälte und von Schlaftabletten betäubte Frau vermischen sich ohnehin Fiktion und Realität. [...]
Im Hintergrund schimmert ein Telefon magisch im dunklen Raum. So wird der Telefonapparat zum dramatischen Fluchtpunkt, zum Symbol einer letzten Verbindung und der Angst vor der endgültigen Trennung. Regisseur Kay Link weitet das Stück über die Alleingelassene ins Allgemeine: Die Kommunikation übers Telefon erweist sich nur scheinbar als direkt und intim, Lügen sind möglich, und den persönlichen Dialog ersetzt das Telefongespräch nicht.”
Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Doris Brüggemann spielt die namenlose Frau mit der selben lyrisch empfindsamen Intensität, wie sie ihr Stimme verleiht. Anders als Jana Höpfner in ihrer Inszenierung von ‘Die menschliche Stimme’ am Mannheimer Nationaltheater hat Regisseur Kay Link sich hier ganz auf Zurückhaltung und Empfindsamkeit seiner Protagonistin verlassen. Und damit schließlich Recht behalten.”
Allgemeine Zeitung Mainz
„Kay Link geht an seine Inszenierung improvisierend heran, was sowohl Text als Musik außerordentlich gut bekommt. Wenn zu Beginn viele Telefone von sich hören machen und die ‘verhaßte’ Wartemelodie aus Beethovens ‘Pour Elise’ erklingt, ist das eine aparte Einstimmung, und man ist gern bereit auf das von den Autoren eingeplante Klingeln zu verzichten. Doris Brüggemann macht aus ihrer anspruchsvollen Partie ein eindrucksvolles Psychogramm. Man spürt die Leere, die sie umgibt, so daß der Zuschauer zuweilen den Eindruck einer Illusion gewinnt und der Frage nachgeht, ob sich das Gespräch nicht allein in ihrem Inneren vollzieht.”
Das Orchester
„Poulenc [komponierte] einen dramaturgisch wirkungsvollen Einakter, um Cocteaus scharfzüngige Aussagen über die absurde Liaison zwischen Frau und Telephon mit den Mitteln einer auf lyrische Dichte angelegten Musik psychogrammartig nachzuzeichnen. Darauf hatte sich der Jungregisseur Kay Link zur jüngsten Inszenierung in der Darmstädter Theaterwerkstatt konzentriert. Kay Link bot Doris Brüggemann genügend Raum, sich in der Rolle der Frau als ausdrucksstarke Darstellerin zu entfalten.”
Main-Echo
„Die Sopranistin Doris Brüggemann errang mit dem Monodram ‘Die Menschliche Stimme’ einen starken Publikumserfolg.
Im Werkstattcafé flimmert die Videoproduktion des New Yorker Künstlers Christian Marclay, der filmische Telefonszenen effektvoll montiert hat.
Kay Link hat sich bei seiner ersten Darmstädter Regiearbeit genau auf den Text von Jean Cocteau eingelassen. Dabei berücksichtigt Link, daß die Schärfe des Einakters von 1930 in der Opernfassung von 1959 einer milderen Form gewichen ist und daß der einst sensationelle Charakter des am Telefon zelebrierten Monologs verblaßt ist. Die moderne ‘junge Frau’ hat den Hörer nicht ständig am Ohr, sie spricht Ihren Text frei von technischen Zwängen ... Der Selbstmord durch Erdrosseln mit dem Telefonkabel unterbleibt.
Die Premiere wurde nach fünfundvierzig Minuten mit begeistertem Beifall bedacht.” Darmstädter Echo
„Genialer Schluß Hessischer Rundfunk
Für meine erste eigene Inszenierung arbeitete ich mit dem New Yorker Künstler Christian Marclay zusammen. In seiner Video-Installation telephones schnitt er hunderte von Filmschnipseln großer Hollywood Filme zu einer genialen gut siebenminütigen Compilation zusammen. Es entsteht ein emotionales, spannendes und campes Kaleideskop rund um das Telefon. Dieselbe Technik verwendete Marclay später für sein 24-stündiges Werk The clock, für das er 2011 mit dem goldenen Löwen der Biennale von Venedig ausgezeichnet wurde.
Den ganzen Abend umkreist sie das Telefon, wartet, fleht, übt das potentielle Gespräch auf bemüht coole Art, dann wieder unterwürfig und devot, geht durch die Hölle und zurück. Wenn ganz am Schluß zum Schreck der Zuschauer das verdammte Ding auf einmal klingelt, ist die Protagonistin schon einen Schritt weiter. Sie geht nicht ran. Löst ihren "Altar" auf, packt alle Anrufbeantworter-Kassetten, all die Fotos und Devotionalien weg. Die Faltung des Tuchs erinnert an einen Briefumschlag. Ausgerechnet. Selbstmord? Von wegen. Nicht wegen so einem Scheißkerl!