Das Land des Lächelns (Freiberg)
»Sehenswertes Stück Musiktheater!«
Leipziger Volkszeitung
»Spannende und zeitgemäße Sichtweise«
Dresdner Neueste Nachrichten
»Interessanteste Inszenierung der Saison«
Sächsische Zeitung
Interessanteste Inszenierung 2003/2004
Interessante Konzeptionen werden oft nicht theatralisch realisiert, handwerklich saubere Inszenierungen bleiben konzeptionell häufig hausbacken. Hervorhebenswerte Ausnahme, […] ebenso ungewöhnlich wie schlüssig war „Das Land des Lächelns“ (Jaremko, Link, Mosler) vom Mittelsächsischen Theater. Es spielte nicht in China, sondern im China Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Saisonrückblick 03/04 Sächsische Zeitung, Kategorie „Interessanteste Inszenierungen“
Liebeswirren zwischen Schickeria-Bar und China-Restaurant
Kay Link inszeniert für das Döbelner Theater Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“ als eine zeitgenössische soziokulturelle Tragikömödie
Döbeln. Langsam wird es unheimlich: Mit "Das Land des Lächelns" stellte das Mittelsächsische Theater die dritte große Premiere der Intendanz von Mark Schönwasser-Görke vor. Erneut legte der Neue das Stück in die Hände eines junges Teams. Nach einer tiefsinnigen Sicht auf die "Drei Schwestern" und einer erfrischenden "Hänsel und Gretel"-Deutung ist nun eine in die Gegenwart gehobene Lesart der Lehàr-Operette der dritte Erfolg.
Es ist ziemlich viel, was an diesem Premierenabend im voll besetzten Haus erstaunt. Nicht nur, dass die Döbelner die Umdeutung problemlos aufnehmen. Auch dass das Stück, zweifellos eine der besten Operetten, diese Zeitverschiebung verträgt. Denn Regisseur Kay Link und Dramaturg Stefan Frey gehen dennoch vorsichtig mit dem Stoff um. Gegen den Strich geht die Geschichte, die erzählt wird, keineswegs.
Lisa, eine junge Frau der Wiener Schickeria (Susanne Engelmann), feiert in einer teuren Bar ein erfolgreiches Reitturnier. Bei der Gelegenheit gibt sie dem Tennis- und Golffreund Gustav (Marcus Sandmann) den Laufpaß, weil sie sich in Sou Chong (Angelo Raciti) verliebt hat, den charmanten Spross einer Chinesenfamilie. So weit, so gut: Bis auf die moderne Ausstattung von Marlit Mosler ist da noch nichts Neues – man fragt sich vor der Pause nur, warum vor der Wiener Schickimicki-Bar ein China-Tempel blinkt.
Das wird im zweiten Akt verraten. Denn Lisa, die für Sou Chong ihre Familie verlässt, geht nicht nach Fernost, sondern ins China-Restaurant, das gegenüber der Bar liegt. Obwohl der Jüngling dort formal zum Chef ernannt wird, hat Onkel Tschang (Lothar Ballhaus) immer noch die Fäden in der Hand. Und jetzt wird's gesellschaftskritisch: Denn Link bildet den von Soziologen prophezeiten "Zusammenprall der Zivilisationen" in westlichen Städten ab, zeigt, dass das Nebeneinander von Wertesystemen Individuen wie Lisa und Sou Chong in die Katastrophe führt.
Für Touristen und Gäste mag die Verleihung der "Gelben Jacke" Folklore-Kitsch sein, für den Patriarchen ist es bitterer Ernst – der dazu führt, dass Sou Chong die Konvention befolgt und die Europäerin verstößt.
Dass Franz Lehàrs "Land des Lächeln" nicht das bei Operetten übliche Happy End besitzt, ist für Kay Link eine Steilvorlage. Es ist erstaunlich, wie er für jedes Detail eine Entsprechung findet: Der Obereunuch (Klaus Kühl) wird zum Ober "Eunuch", der Damen-Trakt ist einfach die Küche. Und Gustav bringt Lisa ein paar Grüße aus der Heimat – in einer Tüte des österreichischen Discounters Billa.
Für Sänger, die sich auch als Schauspieler verstehen, ist solch eine Inszenierung ideal. Uta Simone als Schwester Mi und Marcus Sandmann als Gustav nutzen dies auch. Vor allem aber Susanne Engelmann, die eine Lisa mit Leidenschaft und Spielfreude bietet, setzt Akzente. Von jungmädchenhafter Schwärmerei bis zur abgrundtiefen Enttäuschung der gereiften Frau ist da jeder Zug authentisch. Sängerisch ist Angelo Raciti als Sou Chong, ein geschmeidiger Tenor mit viel Höhe und Ausdauer, eine wirkliche Bereicherung des Ensembles. [...]
Frank Jaremko bietet im Orchester eine solide Leistung: Sein Dirigat offenbart eine erstaunliche Sängerführung. Gerade deshalb bietet das Orchester an diesem Abend nicht viel mehr als die Begleitmusik zu einem sehenswerten Stück Musiktheater.
Leipziger Volkszeitung
Komische Verzerrung
Überzeugend: Franz Lehárs Operette „Land des Lächelns“ in Freiberg
Das „Land des Lächelns“ ist gleich nebenan. Doch die Gräben zwischen den Kulturen, so zeigt die Premiere des Mittelsächsischen Theaters am Sonnabend, sind heute wie zu Lehárs Zeiten unüberwindlich, auch wenn der China-Palast auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht. Die vom Publikum begeistert aufgenommene Inszenierung von Kay Link (Dramaturgie Stefan Frey) erzählt die Geschichte von Lisa und Sou-Chong, von Gustav Pottenstein und Sou-Chongs Schwester Mi mit viel Humor und Mut zu großem Gefühl.
Marlit Mosler hat die Operette in einen geschmackvollen Rahmen gesetzt. Ihre Ausstattung spielt geschickt mit Klischees, kontrastiert die chinesische und die europäische Welt, vermittelt den konzeptionellen Gedanken und bleibt dabei praktikabel, beweglich und ästhetisch ansprechend. Mit aktualisierten Dialogtexten ist die Geschichte schnell ganz heutig. Die blasierte Europa-Gesellschaft und die in alten Strukturen sich jeder Migration verweigernde „chinesische“ Gesellschaft ist wiedererkennbar real, das Scheitern der Liebe vorhersehbar.
Lehárs Musik liefert die schmachtenden Melodien der Illusion ebenso wie die Dramatik der Auseinandersetzung, er koloriert die komische Verzerrung eines klischeehaften Bildes von der jeweils anderen Straßenseite und die tiefe Trauer über die Unmöglichkeit einer alle Grenzen überwindenden Liebe. Von der Regie genau geführt spielen die Sänger mit der Musik ohne sie immer zu bedienen. Frank Jaremko am Pult konnte die reichen Facetten der Komposition zum Leuchten bringen, manchmal brauchten die Sänger etwas mehr metrische und dynamische Rücksicht. Die Gesangspartien sind große, anspruchsvolle Aufgaben. Susanne Engelmann und Angelo Raciti bewährten sich als Lisa und Sou-Chon spielerisch wie sängerisch im Ensemble. Marcus Sandmann (Pottenstein) und Uta Simone (Mi) brachten ihre bewährten Talente ein, daneben fast alle Solisten des Hauses, Chor und Statisterie, detailgenau charakterisierend in Szene gesetzt. So hat das Mittelsächsische Theater eine aktuelle Operetteninszenierung, die insgesamt überzeugend und schlüssig ist, beste Unterhaltung, schöne, hörenswert dargebotene Musik und Anregungen zum Nachdenken bietet.
Sächsische Zeitung
Liebe ohne Happyend
Regisseur Kay Link gelingt eine Aktualisierung von Lehárs „Land des Lächelns“
[...] Das Thema, welches Franz Lehár 1929 in Berlin zur Uraufführung brachte, ist heute, im Zeitalter der so genannten Globalisierung, aktueller denn je. Dem versucht der Regisseur Kay Link in seiner Inszenierung gerecht zu werden, indem er die Handlung in unsere Zeit transportiert und die Orte anonym gestaltet. Wien - ein beliebig austauschbarer Ort. “Das Land des Lächelns“ – witzigerweise ein Chinarestaurant, das irgendwo zwischen Döbeln, Paris oder Moskau stehen könnte. Nun sind solche Versuche oft recht heikel. In der Freiberger Inszenierung scheint die Gradwanderung gelungen. Ob Smily-Kaffetasse oder Mikrowelle, die eingestreuten kleinen Späße wurden vom Döbelner Publikum herzlich lachend angenommen. [...] Der stürmische Applaus am Ende des Stückes zeigt, dass die Operette gelungen ist und “die Döbelner das Herz am rechten Fleck haben“, wie der Intendant Mark Schönwasser-Görke das Publikum charakterisiert.
Döbelner Anzeiger